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InTeAn

Intelligente Anlaufsteuerung zur kostenreduzierten und flexiblen Fertigung zukünftiger Batteriezellen

Motivation

Der intelligente und flexible Anlauf von Produktionsanlagen stellt eine der wesentlichen Herausforderungen in der gegenwärtigen Fertigung von Batteriezellen dar. Während sich die Stilllegung diverser Produktionsanlagen generell als weniger problematisch erweist, gestaltet sich die erneute Inbetriebnahme der Anlagen und Systeme oft schwierig. Ziel des Projekts „InTeAn“ ist daher die Entwicklung einer Gesamtmethodik zum schnellen (Wieder-) Anlauf industrieller Fertigungsprozessketten.

Projektinhalt

Eine Vielzahl der auftretenden Komplikationen im Anlauf ist auf die unflexible und ungeregelte Anlaufsteuerung der Produktionsanlagen zurückzuführen. Diverse Unsicherheitsfaktoren wie Kundenerwartungen, Marktanforderungen, Wettbewerbssituation und die zu produzierenden Stückzahlen bedingen eine erhöhte Aufmerksamkeit, was den Anlauf der Batteriezellenfertigung u.a. für den Einsatz in der Elektromobilität angeht. Dabei stellt die Skalierbarkeit der Produktion eine wesentliche Bezugsgröße in der Produktionsplanung dar. Für den Erfolg oder Misserfolg des Produkts sind die Umsetzung der Anlaufsteuerung sowie Kosten, Qualität und Produktkomplexität maßgebend. Vor dem Hintergrund neuer, teils noch unbekannter Herausforderungen der Batteriezellproduktion kann die Anwendung eines integrierten Anlaufmanagementmodells maßgeblich dazu beitragen, den Produktionsprozess effizienter, nachhaltiger und transparenter zu gestalten.

Projektziele

Der intelligente und flexible Anlauf von Produktionsanlagen stellt eine der wesentlichen Herausforderungen in der gegenwärtigen Fertigung von Batteriezellen dar. Während sich die Stilllegung diverser Produktionsanlagen generell als weniger problematisch erweist, gestaltet sich die erneute Inbetriebnahme der Anlagen und Systeme oft schwierig. Ziel des Projekts „InTeAn“ ist daher die Entwicklung einer Gesamtmethodik zum schnellen (Wieder-) Anlauf industrieller Fertigungsprozessketten. Das entwickelte Verfahren soll industriellen Batteriezellfertigungslinien als Ausgangsbasis für die Auslegung einer flexiblen Zellfertigungslinie dienen, welche verschiedene Batteriezellkonzepte umfasst. Hierzu werden im Projekt zunächst die zukünftige Relevanz und die Marktnachfrage von Zellchemien und -dimensionen ermittelt. Aufbauend auf den Erkenntnissen werden relevante Anlaufszenarien, für die im Projekt betrachteten Batteriezellfertigungsprozesse (Beschichtung und Trocknung sowie Stapeln) definiert. Anschließend erfolget die Auswahl und initiale Korrelationsanalyse von datengetriebenen Modellen, welche für den Anlaufprozess angewandt werden können. Im Anschluss erfolgt eine Integration eines KI-basierten Reglers in den Fertigungsschritten des Beschichtens und Trocknens. Anhand von vertiefenden Experimenten wird die Prozessregelung anschließend optimiert. Abschließend erfolgt eine Validierung des Vorgehens zur Implementierung der KI-basierten Regelung im Beschichtungsprozess anhand des Stapelprozesses sowie eine Zusammenfassung der gesammelten Erkenntnisse in einem standardisierten Vorgehensmodell.

Kontakt

Prof. Dr.-Ing. Achim Kampker
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen
Production Engineering of E-Mobility Components (PEM)
Bohr 12, 52072 Aachen
Tel.: +49 241 80 27406
E-Mail: a.kampker@pem.rwth-aachen.de

Projektlaufzeit

01.03.2021-31.08.2024

Themenfeld

KI in der Produktion

Förderkennzeichen

03XP0357A

Technologietransfer

Eine zentrale Herausforderung in der Batteriezellproduktion stellen die im Industrievergleich hohen Ausschussquoten dar. Ursache ist ein unvollständiges Verständnis der Zusammenhänge zwischen Prozesseinflüssen und Produktqualität. Aufgrund der komplexen und sensiblen Interdependenzen innerhalb der Batteriezellfertigungskette stellt die Ermittlung und Einhaltung geeigneter Prozesstoleranzen eine komplexe Problemstellung dar. Vor diesem Hintergrund ergeben sich ebenfalls nach dem Ramp-Up von Batteriezellfertigungen im Serienmaßstab oftmals Ausschussraten von mehr als 5% im End of Line Testing. Die hohen Ausschussraten haben einen maßgeblichen Einfluss auf die operativen Kosten der Batteriezellfertigung.

Gegenwärtig werden die Prozessparameter beim Hochlauf einer Produktionsanlage überwiegend manuell eingestellt. Als Grundlage hierfür werden Erfahrungswerte verwendet und die Einstellungen so lange angepasst, bis der Produktionsprozess stabil ist und den gewünschten Eigenschaften entspricht. Durch dieses Herantasten an den optimalen Betriebspunkt entsteht eine große Menge an Ausschuss. Dies ist besonders kritisch, wenn zum Beispiel neue Materialien verwendet werden, über deren Einfluss auf den Prozess es noch wenig Erfahrungen gibt. Die Batteriezellenfertigung mit ihrer voranschreitenden Entwicklung ist ein solcher Anwendungsfall.

Einen Lösungsansatz zur Reduktion des hohen Ausschusses im Ramp-Up und der Fertigung stellt der Einsatz von datenbasierten Ansätzen zur Ermittlung und Modellierung von Wirkzusammenhängen und Ableitung von konkreten Handlungsempfehlungen dar. Insbesondere die Anwendung von Methoden der künstlichen Intelligenz (KI) bietet einen vielversprechenden Ansatz zur Optimierung der Produktionsprozesse und der Produktqualität von Lithium-Ionen-Batteriezellen. Bisherige Forschungsansätze im Bereich der datenbasierten Analyse von Interdependenzen zwischen Produktqualität und Produktionseinflüssen betrachten überwiegend die Modellierung und Simulation einzelner Anlagen oder Prozesse.

Künstliche Intelligenz kommt heutzutage im klassischen Hochlauf von Produktionsprozessen im industriellen Kontext der Batteriezellproduktion noch nicht zur Anwendung. Ein Grund hierfür ist, dass der Prozess während des Hochlaufens häufig noch nicht mit den notwendigen Sensoren ausgestattet ist, um die Daten zu generieren, die für das Trainieren von Modellen benötigt werden.
Des Weiteren ist bei komplexen, zusammenhängenden Prozessen nicht nur der aktuelle Prozessschritt für das Ergebnis ausschlaggebend, sondern auch alle vorgelagerten Prozessschritte. Darüber hinaus reicht es nicht aus, die einzelnen Fertigungsschritte isoliert zu betrachten, um eine Vorhersage über die Qualität des Produktes zu treffen.

Künstliche Intelligenz liefert Methoden, solche komplexen Systeme zu beschreiben. Sie kann zur Klassifizierung und Kategorisierung von Daten verwendet werden.
Auf Maschinenebene können so z. B. Fehlerbilder identifiziert werden. Darüber hinaus kann künstliche Intelligenz dazu eingesetzt werden, die Performance einer Produktionsanlage mittels gesammelter Produktionsdaten zu erhöhen bzw. eine optimale Parameterkonfiguration zu finden. Ein solches System, das die überwachten Prozessparameter mit Qualitätsmerkmalen korreliert und eigenständig lernt Prozessgrößen einzustellen, ist in der Batteriezellenproduktion noch nicht bekannt.

In dem Projekt wurde eine umfangreiche Studie zu existierenden Trends im Bereich der Lithium-Ionen-Zellfertigung erstellt. Die Technologie-Roadmap erhält Erkenntnisse über die Änderungszyklen von Zellchemien und eine Analyse der Dimensionsgrenzen. Hierbei war zu erkennen, dass die Zellchemie in der Serienfertigung derzeit in Abständen von drei bis sechs Jahren wechselt. In der Forschung ist eine noch häufigere Variation anzutreffen. Hinsichtlich der Dimensionsgrenzen ist ein eindeutiger Trend zu der Erhöhung der Maße einer Dimension (Länge bzw. Breite) der Zellen zu erkennen. Darüber hinaus ist insbesondere bei Pouch- und Prismatischen-Zellen eine klare Tendenz hin zu Cell2Pack Technologien erkennbar. Im Consumer Electronics Bereich hingegen gibt es keine eindeutigen Trends. Im Bereich Power Tools werden aufgrund der großen Verfügbarkeit und dem niedrigen Preis fast ausschließlich zylindrische Standardzellen verwendet.

Im Anschluss erfolgte die Durchführung einer Marktstudie für zukünftig relevante Zellformate sowie -chemien. In der Zukunft bleibt die Nachfrage nach den gängigen Zelltypen (Pouch, prismatisch, zylindrisch) hoch. Ein erkennbarer Trend zeigt einen verstärkten Fokus auf höhere Nickelanteile und einen reduzierten Einsatz von Kobalt, um kosteneffiziente und nachhaltige Lösungen zu fördern.
NMC (Nickel-Mangan-Cobalt) hat sich in der Automobilbranche fest etabliert, wobei einige chinesische Hersteller von LFP zu NMC wechseln, um den steigenden Anforderungen an Energiedichte und Leistungsfähigkeit gerecht zu werden.
Silizium/Graphit-Komposite gewinnen an Bedeutung aufgrund ihrer höheren Kapazität, aber hohe Siliziumanteile stellen weiterhin technische Herausforderungen dar. Die Branche arbeitet daran, diese zu überwinden und das volle Potenzial dieser Materialkombination auszuschöpfen. Trotz erkennbarer Trends ist die Prognose für die nächsten 5+ Jahre unsicher, da technologische Durchbrüche, regulatorische Veränderungen und geopolitische Einflüsse den Markt beeinflussen. Daher sollten alle Vorhersagen mit Vorsicht betrachtet werden, während die Branche flexibel auf Veränderungen reagiert und innovative Lösungen entwickelt.

Zudem erfolgte eine Definition von relevanten Anlaufszenarien, die im Projekt analysiert und modelliert werden. Die Aktionsfelder zur Optimierung umfassen hierbei Materialwechsel, Zellgenerationswechsel, Produktionschargenwechsel, den Wiederanlauf nach Anlagenservice oder die Inbetriebnahme nach Integration neuer Komponenten (wie z.B. neuer Messtechnik) und den Wechsel von Prozessparametern.

Abbildung 1 zeigt den Aufbau des Regelkreises. Darüber hinaus wurde das Regler-Konzept für den Anlauf entwickelt, welches im Folgenden auf der Beschichtungsanlage (siehe Abbildung 2) verifiziert und zum Schluss auf die Stapelanlage übertragen wird. Dieses Konzept sieht eine dreistufige Regler-Architektur vor (siehe Abbildung 3).

In der ersten Stufe wird Domänenwissen über den Prozess verwendet, um den möglichen Bereich der Regelparameter auf den physikalisch sinnvollen Bereich einzuschränken. Bei dem Prozessschritt Beschichtung wird hier ein hydrodynamisches Modell der Schlitzdüse benutzt. Da dieses Modell einige Vereinfachungen enthält, ist es nicht möglich, allein daraus die optimalen Betriebsparameter zu errechnen.
Hier wird die zweite Reglerstufe verwendet. Um aus den physikalisch möglichen Sätzen den optimalen Parametersatz zu finden, wird ein datengetriebenes Modell verwendet. Das Modell hat zuvor das Prozessverhalten anhand von Messdaten gelernt. Somit ist es möglich, auch Zusammenhänge abzubilden, die sich nicht ohne Weiteres durch ein physikalisches Modell abbilden lassen. Bei dem Prozessschritt Beschichtung kommt hier eine Kombination aus zwei KI-Modellen zur Anwendung: ein lineares Modell für die Vorhersage der Beschichtungshöhe und eine Support Vector Machine für die Vorhersage der Beschichtungsqualität. So können alle physikalisch möglichen Parameter auf ihren erwarteten Einfluss auf die Beschichtung untersucht und der optimale Parametersatz ausgewählt werden.
Als dritte Reglerstufe steht noch ein PID-Regler zur Verfügung. Diese Reglerstufe wird nur benötigt, wenn das datengetriebene Modell die aktuellen Betriebsparameter bereits als optimal ansieht, die Zielqualität aber dennoch nicht erreicht ist. Ein Grund hierfür kann z.B. eine unzureichende Menge an Trainingsdaten in diesem Bereich sein, was dazu führt, dass dieser Bereich im Modell nicht hinreichend repräsentiert ist. Bei der Regelung der Beschichtung greift dann ein Regler, der Trends in den Parametern erkennt und sich somit an die optimalen Parameter herantasten kann.

Um den Regler zu überwachen und im Betrieb mit ihm zu interagieren, wurde auch ein User Interface (siehe Abbildung 4) entwickelt. Anhand des User Interfaces können gewünschte Parameter eingestellt und der aktuelle Zustand des Reglers überwacht werden.

Um die entwickelte Methode und den Ansatz zur Gestaltung des KI-Reglers zu validieren, wird die Vorgehensweise auf einen weiteren Prozessschritt der Batteriezellfertigung, die Stapelbildung, übertragen (siehe Abbildung 5). Um dies zu erreichen ist eine Vielzahl von regelbaren und nicht regelbaren Einflussgrößen definiert worden. Hierzu zählen beispielsweise die Prozesszeiten beim Greifen und Ablegen der Blätter sowie maximale Prozessgeschwindigkeiten. Auch die Befähigung der existierenden Anlage, um diese Parameter über einen zentralen Zugriffspunkt innerhalb der Steuerung vorzugeben und anzupassen ist umgesetzt. Dies eliminiert die Notwendigkeit, den Abgleich von unterschiedlichen Datensätzen mit inkonsistenten Zeitstempeln durchzuführen.

Über die Stapelgenauigkeit als finales Regel- und Qualitätskriterium wurde so eine KI-Regelung der relevanten Prozessparameter in die Anlage integriert , um eine Reduktion der Anlaufdauer nachhaltig zu ermöglichen.

Legende

Anlagenkonzeptionierung
Anlagenoptimierung
Beratungs- und Schulungsworkshops
Experimentelle Versuche
Simulative Arbeiten

Prozessbegleitung bei der Integration einer KI zur Unterstützung der Anlaufsteuerung. Ermöglichung von Ausschuss- und Materialkostenreduktion mittels intelligenter Prozessregelung.

Ansprechpartner: Prof. Dr.-Ing. Achim Kampker

RWTH Aachen University
Production Engineering of E-Mobility Components (PEM)
Bohr 12, D-52072 Aachen
Tel.: +49 241/80-27406
E-Mail-Adresse: a.kampker@pem.rwth-aachen.de


Auswahl und Integration von Sensorik zur zielgerichteten Datenerfassung für Prozessvisualisierung oder Implementierung datengetriebener Ansätze.

Ansprechpartner: Prof. Dr.-Ing. Jürgen Fleischer

wbk – Institut für Produktionstechnik
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Tel.: +49 721 608-44009
E-Mail-Adresse: Juergen.Fleischer@kit.edu
https://www.wbk.kit.edu/21_211.php


Unterstützung bei der automatisierten Datenverarbeitung und Extraktion relevanter Qualitätsmerkmale sowie darauf aufbauend Entwicklung und Integration von KI-basierten Reglern unter Einbeziehen von Prozesswissen.

Ansprechpartner: Dr.-Ing. Julius Pfrommer

Fraunhofer IOSB
Fraunhoferstr. 1, 76131 Karlsruhe
Tel.: +49 721 6091-286
E-Mail-Adresse: julius.pfrommer@iosb.fraunhofer.de

Ansprechpartner: Dr. Constanze Hasterok

Fraunhofer IOSB
Fraunhoferstr. 1, 76131 Karlsruhe
Tel.: +49 721 6091-602
E-Mail-Adresse: constanze.hasterok@iosb.fraunhofer.de

Projektpartner

Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen
Production Engineering of E-Mobility Components (PEM)
Bohr 12, 52072 Aachen
Vertreten durch Prof. Dr.-Ing. Achim Kampker
www.pem.rwth-aachen.de

Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
wbk Institut für Produktionstechnik
Kaiserstr. 12, 76131 Karlsruhe
Vertreten durch Prof. Dr.-Ing. Jürgen Fleischer
www.wbk.kit.edu

Fraunhofer-Gesellschaft
Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB)
Geschäftsfeld Automatisierung und Digitalisierung
Fraunhoferstr. 1, 76131 Karlsruhe
Vertreten durch Dr.-Ing. Olaf Sauer
www.iosb.fraunhofer.de